Sonntag, 16. August 2015

Blockade im Kopf

Insgesamt machte es mir zwar eine ganze Zeit lang zu schaffen, wenn ich andere mit ihren Kindern sah, insbesondere wenn sie rauchend neben dem Kinderwagen stehen oder anderweitige Unfähigkeit demonstrieren verantwortungsbewusst mit ihren Kindern umzugehen. Glücklicherweise bin ich dabei aber nie in ein tiefes schwarzes Loch gefallen. Anders ist das komischerweise bei zwei Müttern.

Eine meiner Mannschaftkolleginnen vom Sport hatte ihren Geburtstermin auch im Mai 2014 (ebenso wie der von Henriette, wenn alles gut gegangen wäre). Mir war schon ziemlich zeitig klar, dass ich ein großes Problem damit haben würde sie irgendwann mal wiederzusehen, auch wenn sie ihr Kind nicht dabei hätte. Das führte dazu, dass ich nicht mehr zum Sport gehen konnte, weil ich ansonsten immer in der Angst leben müsste sie dort zufällig zu treffen. Irgendwann im September oder Oktober 2014 sagte ich zu bei einem Spiel auszuhelfen, weil zu wenig Spielerinnen da waren. Dass mir das auch ohne Training zugetraut wurde, schmeichelte mir sehr. Doch was vermutlich keiner einzuschätzen vermochte war, wie es mir dort ging. Ich war erleichtert, als ich feststellte, dass die besagte Spielerin nicht vor Ort war und so konnte ich ganz befreit die Stunden auf dem Spielfeld hinter mich bringen. Nach dem das letzte Spiel beendet war, sah ich sie aber schon auf der Tribüne und bekam den erwarteten Stich ins Herz. Ich musste einfach nur weg. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich schaffte es noch ihr "Hallo" zu sagen und dann verzog ich mich in die Kabine. Während alle anderen den Tag bei Sekt und Kuchen ausklingen ließen, sah ich zu mich so schnell wie möglich umzuziehen und von dort wegzukommen. Eine ganz liebe andere Spielerin sagte mir dann noch, dass sie sich so sehr freuen würde, wenn ich wieder zum Training käme. Ich musste mit mir kämpfen, um nicht loszuheulen. Sicher hatte sie meine glasigen Augen bemerkt, aber verstehen, wie es in mir drinnen aussieht konnte sie oder jeder andere nicht. Selbst meinem Mann fiel es schwer zu verstehen, dass ich nur bei bestimmten Personen ein Problem habe. Rational ist das auch wirklich nicht zu erklären. Vielleicht liegt es daran, dass ich für fremde Kinder noch nie besonders viel übrig hatte und nur in diesem Fall durch die zeitliche Nähe emotional verbunden bin.

Es hat dann noch bis März 2015 gedauert, bis ich mich der Herausforderung gestellt habe und wieder zum Training gegangen bin. Das erste Mal war ich sehr erleichtert, als die Spielerin nicht da war. Beim nächsten Mal hatte ich jedoch nicht so viel Glück. Mir wurde etwas mulmig im Magen, aber ich habe es erstaunlich gut überstanden und mich damit wahrscheinlich selbst therapiert. Nun fühlt es sich eher an, als hätte ich eine Mauer um mich errichtet, die auch sie nicht mehr durchstoßen kann.

Ein anderer Fall ist die Frau meines Cousins. Ich sehe die beiden meistens nur 1x im Jahr zu Weihnachten. In 2013 stellten wir erfreut fest, dass wir beide schwanger seien. Sie jedoch mit einem früheren Geburtstermin. Ich mag sie als Menschen, auch wenn ich sie kaum kenne. Bei ihrer Geburt ist alles gut gegangen und das freut mich sehr. Dennoch ist es so, dass ich bei jedem Geburtstag, bei Weihnachtszusammenkünften oder Gelegenheiten, bei denen ich auf sie treffen könnte vorher abklären muss, ob sie auch dort sein wird. Da sie am anderen Ende Deutschlands wohnt, war dies bisher nie der Fall und ich konnte teilnehmen, aber irgendwann wird sicher der Tag kommen, an dem ich sie, ihr Kind, ihren Mann - die glückliche Familie sehen muss. Es bereitet mir auch nach mehr als einem Jahr noch großes Unbehagen, wenn ich an dieses fiktiven Moment denke.

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